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'Peripeteia' et 'anagnorisis'.

Hölderlin et la 'Poétique' d'Aristote

Bruno Duarte


Seiten 239 - 258



Hölderlin’s ‘Remarks’ on his translations of Sophocles’’Oedipus the King’ and ‘Antigone’, published in 1804, expound a radical understanding of tragic poetry. By reflecting thoroughly on the ways in which the “specific content” – or the “living meaning” – of each play relates to ist own “calculable law”, in accordance with the geometric principles of ist particular composition, Hölderlin reshapes a number of originally technical concepts into a broader consideration of what he describes as the “poetic logic” of dramatic writing, while at the same time directly addressing – both as a translator and as a poet – the constraints imposed by the rules of “tragic presentation”. Notions primarily relevant to the rhythmic structure of the plays, such as caesura, equilibrium, the extension or the pace of the action, are thus expanded and incorporated into an overarching historical-metaphysical exegesis of the two tragedies, whereby different concepts emerge, among which the categorical, the infinite or the patriotic “reversal”, ultimately questioning the limits of a “reversal of all modes and forms of representation”. These and other related instances of tragic poetry can best be read and elucidated against the backdrop of two crucial concepts in Aristotle’s ‘Poetics’, namely ‘peripeteia’ (the reversal of fortune, of intention, or of the action as a whole) and ‘anagnorisis’ (the discovery or the recognition of the truth).

Hölderlins ‚Anmerkungen‘ zu seinen Übersetzungen von Sophokles’ ‚König Ödipus‘ und ‚Antigone‘, die 1804 erschienen, stellen ein radikales Verständnis von tragischer Dichtung vor. Indem Hölderlin intensiv über die Art und Weise reflektiert, in der sich der spezifische Gehalt oder der ‚lebendige Sinn‘ jedes der beiden Stücke zu seinem eigenen ‚kalkulablen Gesetz‘ verhält, gemäß den geometrischen Prinzipien seiner jeweiligen Komposition, modelliert er eine Reihe ursprünglich technischer Konzepte, um sie in eine weitere Überlegung darüber einzubeziehen, was er als die ‚poetische Logik‘ dramatischen Schreibens beschreibt, während er gleichzeitig – als Übersetzer sowie als Dichter – diejenigen Zwänge unmittelbar anspricht, die durch die Regeln der tragischen Darstellung auferlegt würden. Vorstellungen, die in erster Linie für die rhythmische Struktur der Stücke relevant sind, wie zum Beispiel die Zäsur, das Gleichgewicht, die Ausdehnung oder der Gang der Handlung werden somit erweitert und in eine übergreifende historisch-metaphysische Auslegung der beiden Tragödien integriert, aus der verschiedene Konzepte hervorgehen, etwa die kategorischen, die unendlichen oder die patriotischen Umkehrungen, die schließlich die Grenzen einer „Umkehr aller Vorstellungsarten und Formen“ in Frage stellen. Diese und andere verwandte Aspekte tragischer Dichtung können am besten vor dem Hintergrund zweier zentraler Konzepte aus der ‚Poetik‘ des Aristoteles gelesen und erhellt werden, nämlich ‚peripeteia‘ (Umkehrung des Glücks, der Intention oder der Handlung als Ganzer) und ‚anagnorisis‘ (die Entdeckung oder die Erkenntnis der Wahrheit).

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